Der Namenspatron unserer Schule

Seit dem 01.08.1986 trägt unsere Schule den Namen Wilhelm-Diess-Gymnasium Pocking.

Namenspatron unserer Schule ist Wilhelm Diess, ein im benachbarten Bad Höhenstadt geborener und in Pocking aufgewachsener Stegreiferzähler und Dichter.

Der studierte Jurist, Ministerialbeamte und Rektor der Musikhochschule München hat mit seinen Erzählungen seiner niederbayerischen Heimat ein unschätzbares literarisches Denkmal gesetzt.

Während des Festaktes zur Namensgebung wurde eine Bronzegedenktafel für den großen niederbayerischen Erzähler Wilhelm Diess enthüllt, geschaffen von seiner Tochter, der Bildhauerin Ursula Kemser-Diess aus Irschenberg. Die Tafel ist im Haupttreppenaufgang des Schulgebäudes angebracht und enthält ein Diess-Zitat aus der Geschichte “Die guten Fürbitter”, die im Rottal spielt.

“Ein junger Mensch muss viele Eindrücke unterbringen in seinem Gedächtnis, da gibt´s dann leicht ein Gedränge und Geschiebe, und wichtige und wertvolle Dinge geraten dann unten hin oder in einen Winkel, und es dauert oft ein Menschenalter, bis sie wieder zum Vorschein kommen.”

Die Frage, warum Wilhelm Diess als Namensgeber für unsere Schule gewählt wurde, wird eindringlich beantwortet in einem Grußwort, das der damalige bayerische Kultusminister Prof. Dr. Hans Maier für die Festschrift verfasste:

Diess-II

“Für einen Menschen ist der Name ein bedeutungsvolles Wort in seinem Sprachschatz. Denn letztlich verhält es sich doch so, dass der Name dem Menschen erst zur Identität verhilft, ja dass er Verpflichtung, Auftrag und Ansporn sein kann, sofern etwa die Vorfahren einen ‚guten Namen’ hatten, den es zu pflegen gilt.

Wenn wir eine Schule – wie es sein sollte – nicht nur als Institution, sondern als lebendiges, gewachsenes Ganzes mit eigener Ausprägung erkennen und schätzen, dann wird, eingedenk des oben Gesagten, verständlich, wenn sich Schulen Namen wünschen.

Das Gymnasium Pocking hat den seiner niederbayerischen Heimat stets verbundenen Namenspatron Wilhelm Diess mit Bedacht gewählt, und ich möchte einige charakteristische Wesenszüge seiner Persönlichkeit, die hier freilich nur angedeutet werden können, herausgreifen, welche ihn in besonderer Weise als Namensgeber und Vorbild für ein Gymnasium empfehlen:

Da ist zunächst seine Vielseitigkeit, die wir heute bei frühestmöglicher Spezialisierung mit auf kleinste Teilbereiche beschränkter Sachkompetenz so oft vermissen. Nach humanistischer Bildung am Gymnasium und, als der Vater gestorben war, entbehrungsreichem juristischen Studium hat er später mit Hingabe in vielen verantwortungsvollen Ämtern gewirkt, war nach dem Krieg hoher Jurist im bayerischen Staatsdienst, Professor für Urheberrecht an der Universität München, Vorsitzender des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege und gewählter Direktor der Abteilung Literatur an der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Um die ihm damit gestellten Aufgaben meistern zu können, bedurfte es eines zupackenden Naturells, das ihm half, sich weit über das Soll hinaus einzusetzen, das auch nicht resigniert, als sich Hürden auftürmten, und solche gab es im Leben des Wilhelm Diess genügend. Im Dritten Reich als Mann einer Halbjüdin aus seinen Ehrenämtern gedrängt, hat er diese schlimmen Jahre aus kritischer Distanz heraus beobachtet. Im Gegensatz zu seinem früheren Regimentskollegen Hitler ist Diess nie ein Freund der lauten Töne gewesen. Als Weihnachten 1935 seine ‚Stegreifgeschichten’ in die Schaufenster kamen, erwies es sich, dass diese Geschichten auch beim Lesen und Vorlesen standhielten, dass sie, als Lautsprechergebrüll und Großkundgebungen den Ton angaben, ‚das echte und andere Bayern meinten’, wie Hubensteiner, der ihn kannte, es einmal formuliert hat.

Und in der Tat sind es ja eher die leisen Töne, die Bleibendes, Dauerhaftes schaffen, und auf die man leider dann erst zu hören beginnt, wenn es darum geht wiederaufzubauen, was infolge schriller Parolen zerstört worden ist. Wilhelm Diess war in den genannten Ämtern ein stiller, gleichwohl engagierter Mitarbeiter am Wiederaufbau nach 1945.

Schließlich der Erzähler Diess. – Nicht nur das literarische Werk, die Art vielmehr, wie er es verstand, in geselliger Runde seine lauschenden Zuhörer zu packen, so dass sie ihn gerne wieder besuchten, um mehr zu hören von den Begebenheiten, die sich tatsächlich zugetragen hatten, diese Gabe erscheint mir hier besonders erwähnenswert. Denn ich hoffe, dass eben dieser begnadete, der Heimat entstammende Erzähler und Dichter als Namenspatron Ihre Schule in einer Zeit medienüberfrachteter Sprachlosigkeit in der jungen Generation, die jetzt das Wilhelm-Diess-Gymnasium besucht und es künftig besuchen wird, wieder jene Freude am Wort wecken hilft, die Voraussetzung ist, um den Reichtum unserer Sprache, Literatur und Kultur lesend, lernend und gestaltend zu erfahren.”

Prof. Dr. Hans Maier

Wilhelm Diess (1884 – 1957)

25. 6. 1884 geb. in Bad Höhenstadt als Sohn eines Lehrers;
1890 Versetzung des Vaters nach Pocking; dort Besuch der Volksschule und Musikunterricht (Gesang, Klavier, Geige);
1894 Gymnasium Passau
1895 kgl. Studienseminar Landshut;
1902 Tod des Vaters, Abitur;
1902 – 08 Student der Rechtswissenschaft in München;
1908 Erste Staatsprüfung;
1909 Promotion zum Dr. jur.;
1909 – 11 Referendarsdienst bei Münchner Gerichten und Behörden, Stelle eines Konzipienten bei einem Rechtsanwalt; nebenbei Sänger im Opernaushilfschor;
1911 Zweite Staatsprüfung mit Note “gut”; Diess zieht Arbeit in Anwaltskanzlei der möglichen Staatsstellung vor;
1914 – 18 Teilnahme am 1. Weltkrieg;
1918 Heirat mit Elisabeth Gerson aus Hamm in Westfalen (der Ehe entstammen drei Kinder) – Nach 1918 Eröffnung einer eigenen Anwaltskanzlei in München, Beschäftigung mit künstlerischen und standespolitischen Fragen, kein Interesse an Parteipolitik;
1925 Erwerb des Michelbauernhofes auf der Eck bei
Tegernsee;
1933 – 45 ablehnende Haltung gegenüber dem NS-Staat;
1944 Ausweichen auf die Eck;
1945 als “unbelasteter” Mann Berufung ins Justiz-, später
ins Kultusministerium; Generaldirektor der Bayerischen Staatstheater;
1948 Vorsitzender des Bayerischen Landesvereins für
Heimatpflege, Ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste;
1946 Lehrbeauftragter,
1950 Honorarprofessor für Urheber- und Erfinderrecht an
der Universität München;
1952 Pensionierung als Generaldirektor der Staatstheater;
13. 9. 1957 gestorben in München, begraben auf dem alten Bogenhausener Friedhof.
Diessfoto

Seine Werke

Das erzählerische Werk in Einzelausgaben, 4 Bände. Hrsg. von Friedhelm Kemp. Kösel-Verlag München 1976/77. (vergriffen)

Ein eigener Mensch. Ausgewählte Geschichten. Hrsg. von Hans Göttler. Tiefenbach: Töpfl, 2000.

Madeleine Winkelholzerin. Ausgewählte Geschichten. Hrsg. von Hans Göttler. Tiefenbach: Töpfl, 2003.