Zeitlose Satire trifft jugendliche Spielfreude

Adams (Mitte) mit Theatergruppe

Georg Büchners „Leonce und Lena“ am Wilhelm-Diess-Gymnasium auf die Bühne gebracht

Mit Sprachwitz, kritischem Blick und viel Herzblut brachte die Theatergruppe des Wilhelm-Diess-Gymnasiums Pocking unter der Leitung von StRin Sarah Adams Georg Büchners „Leonce und Lena“ auf die Bühne – und bewies dabei, wie zeitlos eine Komödie aus dem 19. Jahrhundert sein kann. Die Geschichte zweier junger Adeliger, die – einander unbekannt versprochen – unabhängig voneinander vor der anstehenden Hochzeit flüchten, sich dann zufällig begegnen, verlieben und heiraten, wurde in einer gekürzten und sprachlich modernisierten Fassung inszeniert. Der grundsätzlich satirische Charakter des Stücks blieb dabei erhalten, die Gesellschaftskritik Büchners sowie die Absurdität des höfischen Lebens kamen eindrucksvoll zum Ausdruck. Zudem haben Themen wie Freiheit, Selbstbestimmung und Individualität nichts an Relevanz verloren.
Franz-Jonas Kontschitsch übernahm die Rolle des von tiefer Melancholie und existenzieller Langeweile geplagten Prinzen Leonce. Die als Persiflage auf den deutschen kleinstaatlichen Adel der Zeit konzipierte Figur wurde von Kontschitsch mit viel Gespür für Tragikomik und Selbstironie zum Leben erweckt. Seine Seelenverwandte findet er in Prinzessin Lena, überzeugend dargestellt von Amelie Köpf. In Begleitung ihrer Gouvernante (souverän Mia Brodschelm) widersetzt sie sich wie Leonce ihrem vorgezeichneten Weg, muss jedoch angesichts ihrer schmerzenden Füße schnell erkennen, dass die Realität einer wilden Flucht weit weniger romantisch ist als die Vorstellung davon.
Moritz Münzer als Valerio stellte das hedonistisch-komödiantische Gegengewicht zu Kontschitschs endlos seufzendem Prinzen dar: lebensfroh, klug-dreist und schlagfertig mit pointiertem Timing. Seine Szenen waren nicht nur ausgesprochen unterhaltsam, sondern verliehen dem Stück die emotionale Erdung. Auch die weiteren Nebenfiguren, allen voran Noah Auer als König Peter, trugen entscheidend zum Gelingen des Abends bei. Auer spielte den Monarchen mit großer Lust am absurden Detail, eine herrlich groteske Verkörperung höfischer Selbstgefälligkeit.
Die weiteren Rollen – Anna Auer als Geliebte Rosetta sowie Katharina Schmidtner, Sophia-Amelie Obermair, Magdalena Schmid, Isabella Keßler und Isabell Steindl, die die verschiedenen Rollen des königlichen Hofstaates besetzten – fügten sich stimmig in das Gesamtbild ein und bewiesen ihr schauspielerisches Talent. Sie alle brachten das Königreich Popo als ein Sammelsurium bizarrer Figuren und leerer Rituale absolutistischer Selbstherrlichkeit auf die Bühne und machten Büchners beißende Kritik an Machtstrukturen und der Gesellschaftsordnung für das Publikum greifbar. Besonders die direkt ans Publikum gerichtete Zeile „Ihr dürft zumindest die Bratensoße riechen, auch wenn ihr dabei nicht satt werdet“ ließ die Zuschauer spüren, dass da mehr unter der Komödienoberfläche schlummert als bloße Komik.
Schulleiter Stefan Stadler lobte die Wahl des anspruchsvollen Stücks und den gelungenen Spagat zwischen Komödie und Kritik. Neben Sarah Adams sprach der Direktor insbesondere den beiden Kunstlehrerinnen Christiane Dorn und Anna Joris-Roth seinen Dank aus. Letztere hatten gemeinsam mit der 11. Jahrgangsstufe ein eindrucksvolles Bühnenbild entworfen, das den perfekten Rahmen bildete, in dem sich die Handlung vollziehen konnte. Die mit viel Liebe zum Detail gestalteten Kulissen waren auf zwei gegenüberliegende Bühnen verteilt, was den Raum für die Schauspieler öffnete und die dazwischen positionierten Zuschauer auch räumlich in das Stück bzw. dessen Welt hineinzog. Für die technische Umsetzung der Musik, Licht- und Toneffekte, die einen wesentlichen Beitrag zur Atmosphäre des Abends leisteten, zeichnete sich Korbinian Kreileder verantwortlich. Als Souffleusen standen Elena Probsteder und Lisa Huber den jungen Schauspielern zur Seite.
Der langanhaltende Applaus, mit dem das Publikum die Akteure für die kurzweilige und kreative Vorstellung belohnte, bewies, dass der Funke übergesprungen war. Ein großes Lob an das gesamte Team für diesen gelungenen Theaterabend, der Lust auf mehr macht.

(PNP vom 15.07.2025)