WDG-Schüler auf Spurensuche in Sachsen
35 Jahre Wende: Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Geschichte direkt vor Ort
78 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Pocking haben sich im Rahmen der traditionellen Sachsenfahrt des WDGs mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinandergesetzt. Unter der Leitung der beiden Lehrkräfte Andreas Königer und Stephan Wrana stand die Erinnerung an die Friedliche Revolution von 1989 und deren Folgen für ein vereintes Deutschland im Mittelpunkt der Studienfahrt.
Der Auftakt in Dresden erfolgte mit einer Zeitzeugenführung von Monika Ulbricht. Sie stand am 9. Oktober 1989 selbst auf der Prager Straße, wo heute ein Bodendenkmal an die erste Montagsdemonstration erinnert: „Wir standen da und niemand wusste, was wird“, schilderte sie bewegend. Ein zufällig vorbeikommender Mann ergänzte die Sicht der damaligen NVA-Soldaten: „Wir hatten so was von die Schnauze voll, kann ich euch sagen. Wir wurden mit Gummiknüppeln bewaffnet in die Stadt gekarrt.“ Beide betonten gegenüber den Schülern, dass die gewonnene Freiheit das wichtigste Erbe dieser Zeit sei. Der Dresdner Stadthistoriker Steffen Schubert führte die Jugendlichen zu verschiedenen Schauplätzen der Wende und erinnerte an die angespannte Atmosphäre während einer Stadtführung mit westlichen Touristen im Oktober 1989: „Wir mussten schnell in den Zwinger, sonst wären auch wir unter die Gummiknüppel gekommen. Alles war angespannt, nichts war mehr sicher.“
Im Verlauf der Woche lernten die Schülerinnen und Schüler weitere Etappen der DDR-Vergangenheit kennen. Im Deutsch-deutschen Museum Mödlareuth wurden der Schießbefehl und die Arbeit der Stasi thematisiert, bevor in der Gedenkstätte Bautzen anhand mehrerer Einzelschicksale die ganze Härte des DDR-Regimes deutlich wurde. In Görlitz wurde die Teilung entlang der Oder-Neiße-Grenze thematisiert. „Gerade städtebaulich sieht man, wie unterschiedlich sich Ost- und Westteil entwickelt haben“, erklärte Geschichtslehrer Andreas Königer.
Das Militärhistorische Museum Dresden konfrontierte die Schüler mit den Bedrohungen des Kalten Krieges, insbesondere dem herrschenden Gleichgewicht des Schreckens. Angesichts der atomaren Arsenale beider Supermächte wäre ein vielfacher Overkill und damit die Auslöschung der gesamten Menschheit möglich gewesen.
Auch Kultur und Landschaft kamen nicht zu kurz. In der Theaterruine St. Pauli erlebte die Gruppe die Musikkomödie Geld oder Leben von Georg Kreisler. Ein Höhepunkt war der Besuch der beeindruckenden Semperoper mit dem Musical Elisabeth. Eine Exkursion ins Elbsandsteingebirge führte zur Festung Königstein und zur Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, einem Erinnerungsort an die Euthanasie-Verbrechen der NS-Zeit.
Auf der Rückfahrt stand noch ein Aufenthalt in Leipzig auf dem Programm. Neben Stadtführung und Museumsbesuchen war die Nikolaikirche als Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen zentraler Lernort. Dort mahnte Stephan Wrana mit einem Zitat von Joachim Gauck: „Wenn ihr merkt, dass andere euch eure Meinung vorgeben wollen, dann sind wir am 9. Oktober 1989 angekommen. Seid wachsam und kämpft für eure Freiheit!“ Der 16-jährige Leopold zeigte sich beeindruckt: „Welchen Mut hatten die Jugendlichen damals, die all das unter Stasi-Überwachung vorbereitet haben?“ Unterstützt wurde die Fahrt vom Elternbeirat des Gymnasiums.
(PNP vom 23.08.2025)




