Im Pockinger Gymnasium spukt es
WDG-Theatergruppe erweckt das „Gespenst von Canterville“ zum Leben
Klirrende Ketten und lautes Geheule sind heutzutage in der Schule eigentlich nicht mehr zu erwarten – außer es ist Theaterabend. Das Mittel- und Oberstufentheater unter der Leitung von Sarah Adams hatte Oscar Wildes satirisch-romantische Erzählung „Das Gespenst von Canterville“ in der Adaption von Paul Merkhoff auf die Bühne gebracht. Die Kombination aus humorvollem Skript, scharfsinnigen Dialogen und einer Prise Grusel machte den Abend in der Aula zu einem ausgesprochen unterhaltsamen und phasenweise nachdenklichen Erlebnis.
Die Geschichte spielt auf Schloss Canterville, in das die amerikanische Familie Otis einzieht. Dort wohnt bzw. spukt auch das verfluchte Gespenst Sir Simon Canterville, das seit Jahrhunderten die Hallen des Anwesens heimsucht und bisher noch jeden Bewohner vertrieben hat. Ob die neuen Besitzer damit zurechtkommen werden, wundern sich die beiden Haushälterinnen Mary und Dorothy Umney, gespielt von Anna Auer und Amelie Köpf, gleich zu Beginn. Anders als ihre Vorgänger lassen sich die pragmatischen Amerikaner jedoch nicht einschüchtern, was zu einer Reihe von amüsanten und skurrilen Begegnungen führt, hinter denen sich eine tragische Geschichte um Schuld, Sühne und Vergebung entfaltet.

Die Dialoge wurden von den Schauspielern lebendig und pointiert vorgetragen, wodurch der Witz und die Ironie des Originals perfekt zur Geltung kamen. Noah Auer, der das namensgebende Gespenst verkörperte, gelang es mit einer Mischung aus würdevoller Haltung und komödiantischem Timing, das Publikum sowohl zum Lachen als auch zum Mitfühlen zu bringen. Insbesondere der Kontrast zwischen der modernen, rationalen Weltsicht der Neuankömmlinge und der traditionell vorrationalen des Gespenstes wurde deutlich. Leon Burger und Lea Freudenstein, in den Rollen des Botschafters Hiram Otis und seiner Frau Lucretia, fühlen sich durch das Geheule des Gespenstes nämlich nicht im Geringsten geängstigt, sondern vor allem in ihrer Nachtruhe gestört. Verhandlungen über feste Spukzeiten oder Schlaftabletten als Mittel gegen die Ruhelosigkeit stehen als mögliche Problemlösungen im Raum. Die beiden Zwillinge Tim und Tom (Franz-Jonas Kontschitsch und Moritz Münzer) gehen sogar noch einen Schritt weiter und terrorisieren das Gespenst mit üblen Streichen. Die Welt hat ihren Zauber verloren und so bleibt Sir Simon konsterniert festzustellen: „Heutzutage hat niemand mehr Angst vor Gespenstern. Das muss an den modernen Medien liegen.“ Mitgefühl zeigt lediglich die Tochter Virginia (Carolin Egginger). Sie ist es auch, die Sir Simon von seinem Leiden erlöst und dem Stück einen romantisch-versöhnlichen Abschluss bereitet. Denn „sollte es einem jungen Mädchen gelingen, ein böses Herz zur Reue zwingen, sollte es Tränen weinen um Sir Canterville, wird‘s im ganzen Schlosse still.“



Das eindrucksvolle Bühnenbild fing die Stimmung des alten Schlosses treffend ein und bildete den perfekten Rahmen, indem sich die Handlung vollziehen konnte. Zur schaurigen Atmosphäre trug gleichsam die musikalische Untermalung bei. Der Dank dafür gebührt den Kunst- und Musikkursen der 11. Jahrgangsstufe unter der Leitung der Lehrkräfte Christiane Dorn, Anna Joris-Roth und Alina Kunz. Für die Technik und Beleuchtung übernahm Korbinian Kreileder die Verantwortung. Als Souffleusen standen Isabella Gerauer und Klara Gerauer den jungen Schauspielern zur Seite.
Stellvertretende Schulleiterin Hedwig Maskos würdigte abschließend alle Beteiligten und bedankte sich insbesondere bei Sarah Adams für die großartige Aufführung. Dass sie mit ihrer Meinung nicht allein dastand, bewies der langanhaltende Applaus, mit dem das Publikum die Akteure belohnte. Ein großes Lob an das gesamte Team für diesen gelungenen Theaterabend!
(PNP vom 18.07.2024)
Fotos: Josef Schifferer