Grenzerfahrungen der deutschen Geschichte

10. Klassen des Pockinger Wilhelm-Diess-Gymnasiums waren in Sachsen unterwegs
Andreas Königer erklärt die Bedeutung der Oder-Neiße-Linie und bringt der 10. Jahrgangsstufe die einigende Bedeutung der Friedensbrücke (Hintergrund) in Görlitz zwischen Deutschland und Polen nahe.
Andreas Königer erklärt die Bedeutung der Oder-Neiße-Linie und bringt der 10. Jahrgangsstufe die einigende Bedeutung der Friedensbrücke (Hintergrund) in Görlitz zwischen Deutschland und Polen nahe.

106 Jugendliche und Lehrkräfte der 10. Klassen waren in Sachsen unterwegs. Die deutsch-deutsche Exkursion hat am Wilhelm-Diess-Gymnasium Pocking schon Tradition. „Anfangs als Landkreispartnerschaft mit Hoyerswerda gepflegt, tritt die zeitgeschichtliche Dimension mit zunehmendem Abstand zur deutschen Einheitsbewegung in den Vordergrund“, erklärt Fahrtenleiter Stephan Wrana.
Nach dem Besuch des deutsch-deutschen Museums in Mödlareuth an den ehemaligen Grenzsperranlagen der innerdeutschen Grenze berichtete die Zeitzeugin Monika Ulbricht in Dresden am Bodendenkmal vom 9. Oktober 1989 in der Prager Straße, wie die Montagsdemonstrationen anfangs so gar nicht friedlich zu sein schienen. Dennoch war die Gründung der „Gruppe der 20“ die Voraussetzung für den friedlichen Übergang in eine Demokratie.
Steffen Schubert rief in thematischen Führungen an Orten der „Friedlichen Revolution“ am Kulturpalast, dem Taschenbergpalais und am Theaterplatz in Erinnerung, was zu dieser Bewegung von unten führte: „Die Unzufriedenheit und Bevormundung durch Vorgaben das Staates, was zu tun und zu denken war, wollte niemand mehr.“ Welches Risiko Teilnehmende an den Demonstrationen eingingen, wurde beim Besuch der Stasi-Gedenkstätte Bautzen deutlich. Nicht wenige wurden wegen „staatsfeindlichen Verhaltens“ Folter und Qualen unterzogen.
Mit Betroffenheit, aber auch mit Erleichterung und Dankbarkeit besuchten die Schülerinnen und Schüler die Nikolaikirche in Leipzig, um auch vor dem aktuellen Hintergrund von weltweiten Freiheitskämpfen und -kriegen den gedanklichen Impuls aufzunehmen. Das Abendprogramm in der Dresdner Semperoper – „Berlin, Berlin“, eine Revue über die Zwanziger Jahre – überraschte nicht nur mit überragender musikalischer und tänzerischer Qualität, sondern auch durch den bedrückenden thematischen Bezug, als die Nazidiktatur der Musik- und Lebenskultur des liberalen Berlins in den 1920ern ein jähes Ende setzte.
Ausflüge in das Elbsandsteingebirge mit der historisch bedeutenden Stadt Pirna, der Festung Königstein und dem Kletterfelsen in Langenhennersdorf rundeten das Programm ab. Eine Fahrt in die Lausitz ermöglichte nicht nur eine Begegnung mit der sorbischen Kultur, sondern zeigte auch die Bedeutung von historischen Grenzverläufen deutlich auf.
Bei der Heimfahrt über Leipzig führte Co-Leiterin Regina Scheuer mit der Kunstpädagogin Anna Joris-Roth im Museum der bildenden Künste eine große Schar an Interessierten durch die Räume des architektonisch bedeutenden modernen Museums in Leipzig. Nach einem Empfang durch das Mitglied im Jugendparlament, Omar Alkadamani, interessierte auch das Zeitgeschichtliche Forum mit deutsch-deutschem Einheitsvertrag und Ausstellungsstücken aus der Zeit der deutschen Einheitsbewegung von 1989. Geschichtsexperte Andreas Königer erkundete in dieser Zeit mit einer Gruppe die „Runde Ecke“, die im Originalzustand erhaltene Stasizentrale Leipzigs. Voller Eindrücke kehrten die Exkursionsteilnehmenden heim.

(PNP vom 09.08.2023)