Rhetorisch die Klingen kreuzen
Podiumsdiskussion des Q12-Rhetorikkurses mit Urban Mangold (ÖDP) – 49-Euro-Ticket im Zentrum der Debatte
Die Kunst der Rede ist so alt wie die Sprache selbst. Als Abschlussklausur des Q12- Rhetorikkurses unter der Leitung von Oberstudienrat Stephan Wrana fand eine Podiumsdiskussion mit Urban Mangold (ÖDP) statt, in der die Kursteilnehmer ihre über vier Semester erworbenen Fertigkeiten auf die Probe stellen sollten.
Kursleiter Wrana bedankte sich bei dem Passauer Stadt- und Bezirksrat Urban Mangold für seine Bereitschaft, die rhetorische Klinge mit den Schülerinnen und Schülern zu kreuzen. Wrana übergab das Wort sogleich an Theresa Martin, die die Diskussion im weiteren Verlauf moderierte. Martin erläuterte das Thema der Podiumsdiskussion – das kürzlich im Bundestag beschlossene 49-Euro-Ticket – und skizzierte für die Zuhörer im gut gefüllten Mehrzweckraum der Schule den Verlauf der Debatte. Dann fiel auch schon der Startschuss.
Angelehnt an das aus „Jugend debattiert“ bekannte Diskussionsformat, galt es zunächst in mehreren Anfangsplädoyers, die eigene Position sachlich fundiert und rhetorisch gewandt darzustellen. Als Fürsprecher des Deutschlandtickets präsentierten sich Anna Bieringer, Paula Venus sowie Theresa Krenn und führten die verschiedenen Vorzüge ins Feld: So sei es im gegenwärtigen Tarifdschungel äußerst mühsam, das passende Ticket zu finden, was auch viele Gelegenheitsbahnfahrer abschrecken würde. Das 49-Euro-Ticket biete dagegen eine einheitliche und komfortable Lösung für ganz Deutschland. Durch den günstigen, weil staatlich bezuschussten Preis sei es zudem gerade in Zeiten hoher Spritpreise und zunehmender Inflation ein Anreiz für viele Menschen, die öffentlichen Verkehrsmittel stärker zu nutzen. So könne man einerseits entspannt reisen und tue andererseits auch etwas Gutes für die Umwelt.
Dies brachte die Kritiker des Tickets auf den Plan. Valerian Ondrouscheck, Laura Sumper und Patricia Pulvermüller betonten, dass der ÖPNV vor allem auf dem Land noch zu wenig ausgebaut sei, um eine ernsthafte Alternative zum Auto darzustellen. Insofern würden vor allem die Städte und Ballungsräume von diesem neuen Ticket profitieren, die Landbevölkerung jedoch gleichermaßen an den Kosten beteiligt. Die drei gaben zudem zu bedenken, dass das Ticket, anstatt den bisherigen Autoverkehr zu ersetzen, wahrscheinlich zusätzliches Verkehrsaufkommen generieren würde, da die Bürgerinnen und Bürger das Ticket nutzen würden, um Reisen zu unternehmen, die sie sonst nicht in Angriff nehmen würden. Insofern sei das Ticket zwar gut gemeint, letztlich aber in Bezug auf die Finanzierungsgerechtigkeit unausgereift und im Hinblick auf den Beitrag zum Umweltschutz überschaubar.
Auch Mangold sah bei der gegenwärtigen Variante des Tickets noch Nachholbedarf. Der ÖDP-Politiker kritisierte unter anderem, dass es keine Sonderkonditionen für junge Familien mit Kindern gebe. Auch den ausschließlich digitalen Zugang sehe er insbesondere im Hinblick auf ältere Menschen kritisch. Mangold zeigte sich jedoch als grundsätzlicher Befürworter des neuen Tickets: „Leider hat unsere Gesellschaft jahrzehntelang wertvolle Zeit verloren. Die Politik hat die dramatischen Folgen der Klimaüberhitzung verdrängt. Deshalb müssen wir jetzt das Ruder umso schneller herumreißen, wenn wir die Klimaschutzziele noch annähernd erreichen wollen. Das 49-Euro-Ticket kann hierzu einen Beitrag leisten, wenn die öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut und viel besser als derzeit finanziert wird. Das Geld hierfür wäre da, wenn die politische Mehrheit endlich einsähe, dass die Zeit neuer Straßen und noch breiterer Autobahnen längst vorbei ist“, sagte Mangold.
In der folgenden freien Aussprache, die ohne Breitseiten oder Schüsse aus dem Hinterhalt auskam, wurden die genannten Argumente ausgiebig unter die Lupe genommen. Es ergab sich ein für die Zuhörer anregender, jederzeit fair geführter verbaler Schlagabtausch, in der jede Seite ihre Treffer landen konnte, aber auch einstecken musste. Insgesamt zeigte sich, dass den gegensätzlichen Meinungen zum Trotz ein großer Konsens hinsichtlich der grundsätzlichen Intention des Tickets herrschte, nämlich mehr Menschen in den ÖPNV und damit weg vom Auto zu bringen. Das nun bundesweit eingeführte Ticket sei dabei bei aller Kritik ein Schritt in die richtige Richtung. Dies stellte auch Tobias Seibold in einem ausführlichen Schlussplädoyer noch einmal dar.
Am Ende atmeten die Schülerinnen und Schüler kräftig durch, schließlich war es für sie nicht nur eine Diskussion mit einem Politiker vor Publikum. Das allein wäre schon aufregend genug gewesen. Es handelte sich gleichzeitig ja auch um eine benotete Prüfung unter den kritischen Augen ihres Kursleiters. Urban Mangold bescheinigte den Teilnehmern zum Abschluss eine gute Diskussionskultur und zeigte sich erfreut über ihr Interesse an der Politik. Er wünschte ihnen, dieses Interesse auch über die Podiumsdiskussion hinaus zu bewahren, und rief die Schülerinnen und Schüler auf, ihr Wissen sowie ihre rhetorischen Fertigkeiten auch außerhalb der Schule für die Gesellschaft einzusetzen – ein Appell, dem der Kursleiter Stephan Wrana nur beipflichten konnte.
(PNP vom 29.03.2023)